»Erfolgreiche Frauen werden negativer wahrgenommen als ihre männlichen Kollegen.«

Autor:in: Jana Gioia Baurmann

Bild: Angelina Bambina/Shutterstock/privat

»Erfolgreiche Frauen werden negativer wahrgenommen als ihre männlichen Kollegen.«

Entstanden ist der Weltfrauentag, weil frau endlich gleichberechtigt sein wollte, wählen können wollte, sich emanzipieren wollte. Und ja, seitdem ist etwas passiert – aber nicht genug. Noch immer gibt es beispielsweise viel zu wenige Frauen, die gründen. Mit ein Grund, weshalb wir euch in dieser Woche fünf weibliche Fellows aus unserem Netzwerk vorstellen. Heute: Silke Mader.

Ashoka: Was war deine Motivation, dich sozial zu engagieren? 

Silke: Schon als Kind wusste ich, dass ich später einen Beruf ausüben will, in dem ich mich für andere einsetze. Nach der Schule habe ich daher, als ersten Schritt quasi, eine Ausbildung zur Erzieherin gemacht. Dass ich mich sozial engagiere, hat auch einen sehr persönlichen Hintergrund: Vor 24 Jahren hatte ich eine Frühgeburt – und fühlte mich ziemlich allein. Ich musste mit einer Situation zurechtkommen, die mir bis dahin unbekannt war. In München habe ich dann eine Selbsthilfegruppe gegründet, um einen Ort für Menschen zu schaffen, die gleiches erlebt haben.

Wie ging es weiter?

Anschließend bin ich Präsidentin des deutschen Elternverbandes geworden. 2008 habe ich die »European Foundation for the Care of Newborn Infants« aufgebaut, darüber kam ich zu Ashoka. Heute würde ich mich als eine Sozialunternehmerin bezeichnen, die sich nicht nur sozial engagiert, sondern auch bewusst den Hebel ansetzt, um Dinge zu verändern und zu skalieren. Und um andere anzuregen.

Wie können wir es deiner Meinung nach schaffen, dass sich mehr Frauen sozial engagieren?

Weltweit sind es die Frauen, die sich sozial engagieren, auch in Deutschland. Was Sozialunternehmen angeht, ist die Situation eine andere: Da sind es vor allem Männer, die gründen – weil es Social-Business ist, also Business! Männer stehen gern vorne, sind Macher oder stellen sich besser dar. Frauen lassen Männern oft den Vortritt oder sie drücken sich nicht so aus, wie es Männer eben hervorragend können. Frauenthemen sind auch nicht so attraktiv für Männer – die oft jedoch diejenigen sind, die Entscheidungen treffen, auch im Social Business.

Wie ist es mit sozialen Berufen?

Berufe wie Erzieherin, Krankenschwester, Pflegerin oder Betreuerin liegen Frauen meistens mehr als die klassischen Berufe wie IT oder Ingenieur – zumindest werden sie von wesentlich mehr Frauen ausgeübt als von Männern. Schaut man sich dann jedoch an, wer die Schule leitet oder das Krankenhaus, sind das Männer. Frauen mögen es nicht, sich nach oben zu kämpfen. Was auch daran liegt, dass sie – tun sie es – kritisch beäugt werden. Dann heißt es schnell, dass frau eine »Kampfperson« sei oder so. Erfolgreiche Frauen werden negativer wahrgenommen als ihre männlichen Kollegen.

Was entgeht Unternehmen, wenn Frauen nicht in führende Positionen gelangen?

Frauen führen wesentlich anders als Männer. Das kann die Gesamtausrichtung eines Unternehmens betreffen, aber auch Dinge wie der Umgang mit Mitarbeitern. Deshalb ist es schade, dass Frauen in höheren Positionen seltener zu finden sind. Die andere Seite: Männer, die sich sozial engagieren, werden öfters als schwach angesehen. »Der macht ja irgendwas Soziales«, heißt es dann oft.

Welche Barrieren existieren noch? 

Probleme sehe ich vor allem in der männlichen Dominanz und dem damit verbundenen Rivalitätskampf. Wir Frauen gehen lieber einen Schritt zurück, als andere direkt zu konfrontieren. Auch Dinge wie Kinder, Familie und Pflege stellen Hürden dar. Viele Frauen können nicht anders, als in Teilzeit zu arbeiten – und streben dennoch eine Karriere an. In der Gesellschaft und in Unternehmen muss dahingehend ein Umdenken stattfinden. Länder wie Dänemark oder Schweden sind, was solche Teilzeit-Karriere-Modelle angeht, schon viel weiter. Dort ist das Normalität. Hierzulande braucht es gesellschaftliche Akzeptanz – und gesetzliche Regelungen.

Weltweit kommt jedes zehnte Baby zu früh auf die Welt, oftmals mit gravierenden Konsequenzen: Frühgeburt und ihre Folgen sind die häufigste Todesursache bei Kindern unter fünf Jahren. Ashoka-Fellow Silke Mader ist Gründerin der »European Foundation for the Care of Newborn Infants« (EFCNI) – die erste europaweite Organisation zur Vertretung der Interessen von Früh- und Neugeborenen und deren Familien. Sie vereint Eltern und medizinische Fachleute, die gemeinsam die gesundheitlichen Bedingungen von Neu- und Frühgeborenen verbessern wollen, indem sie sich für Präventions-, Behandlungs- und Unterstützungsmaßnahmen einsetzen.

Die Fragen stellte Louise Dhavernas.